Final Update zum Hinweisgeberschutzgesetz

Am 12. Mai 2023 hat der Bundesrat dem geänderten Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) zugestimmt. Unklarheiten bleiben.

Mit gut 18-monatiger Verspätung wird das HinSchG vermutlich Mitte Juni 2023 in Kraft treten. Anfang April 2022 haben wir über die verzögerten Aktivitäten der Bundesregierung zur Umsetzung der EU-Richtlinie 2019/1937 in nationales Recht berichtet. In unserem Update Nr. 2 haben wir kurz über den überarbeiteten Gesetzentwurf aus Berlin berichtet. Nun ist unter dem erheblichen Druck aus Brüssel – die EU-Kommission hatte ein strafbewehrtes Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet – eine Endfassung des HinSchG über den Umweg eines Vermittlungsausschusses in Berlin durchgewinkt worden. Das neue Gesetz wird einen Monat nach seiner Verkündung, voraussichtlich also Mitte Juni 2023, in Kraft treten.

Wieder einmal hat sich die Regierung nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Die Ampel war zu lange mit sich selbst beschäftigt. Erste Entwürfe waren verfassungsrechtlich bedenklich und handwerklich schlampig. Dem wichtigen Anliegen, den Umgang mit Meldungen zu Korruption, Compliance-Verstößen und anderen Betrügereien in Ämtern und Unternehmen endlich auch in Deutschland zu regeln, wurde man nicht gerecht.

Kritische Stimmen sind damit nicht verstummt. Im Gegenteil, auch dieses neue Gesetz bringt für Unternehmen weitere Rechtsunsicherheiten mit sich. Die Unternehmen, und am Ende die Gerichte, werden auch hier wieder nacharbeiten müssen. Leider eine Entwicklung, die in jüngster Vergangenheit bei Regelungsversuchen aus dem BMAS (Stichwort ArbZG und Zeiterfassung) häufiger zu beobachten ist.

In Kürze: Was sind die wichtigsten Änderungen des finalen HinSchG?

Aus verpflichtenden „Muss“-Bestimmungen sind „Soll“-Regelungen geworden. Die Pflicht, anonyme Meldungen entgegenzunehmen, ist gestrichen worden. Interne und externe Meldestellen „sollen“ jetzt auch anonyme Meldungen annehmen und bearbeiten. Interne Meldestellen „sollen“ bevorzugt werden, wenn in diesen intern wirksam gegen den Verstoß vorgegangen werden kann.

Der berufliche und sachliche Kontext wird in den Vordergrund gestellt. Hinweisgeber müssen sich also beschränken auf Informationen zu Verstößen, die sich auf den Beschäftigungsgeber oder eine andere Stelle beziehen, zu dem der Hinweisgeber in beruflichen Kontakt steht oder stand.
Schließlich enthält das neue Gesetz niedrigere Bußgelder. Das maximale Bußgeld wurde halbiert und beträgt nur noch 50.000 Euro.

Zusammengefasst: Was ist jetzt zu tun?

Das HinSchG wird schon nächsten Monat in Kraft treten. Die Uhr tickt also für Unternehmen mit mindestens 250 Beschäftigten. Auch für „kleinere“ private Unternehmen – mit zwischen 50 und 249 Beschäftigten – beträgt die eingeräumte Schonfrist nur wenige Monate. Bis zum 17. Dezember 2023 müssen sie interne Meldestellen eingerichtet haben.

Gerade mitbestimmte Unternehmen haben keine Zeit zu verlieren. Wir empfehlen dringend, die bestehenden Berichtswege zu überprüfen und ggf. zu korrigieren bzw. zu ergänzen, auch im Hinblick auf die möglicherweise zwingenden Mitbestimmungsrechte bestehender Betriebsräte nach § 87 I Nr. 1 und 6 BetrVG. Da interne Meldeverfahren in aller Regel dazu geeignet sind, das Verhalten der Beschäftigten zu steuern und die betriebliche Ordnung zu gewährleisten, wird ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bestehen.

Der Zeit- und Kostenaufwand sollte von den Unternehmen nicht unterschätzt werden: Die Maßnahmen beginnen mit der Definition von Meldekategorien, der Beschreibung von Eskalationsprozessen, der Durchführung von Tests über "dry-runs" bis hin zur endgültigen Einführung der Hinweisgebersysteme. Interne Kommunikation und der erfolgreiche Vertrieb von Hinweisgebersystemen erfordern professionelle Expertise und Erfahrung.


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