Krypto-Assets

Blockchain im Finanzsektor

Die Blockchain hat das Potenzial, den Finanzsektor nachhaltig zu verändern und Grundlage neuer Marktstrukturen zu sein. Sie ist Gegenstand eines EU-weit harmonisierten Regulierungsrahmens mit dem Ziel, das in der Technologie ruhende Innovations- und Wachstumspotenzial zu heben und Risiken im Finanzsystem zu verringern. Die Regelungen erlangen nunmehr sukzessive Geltung. Dieser Beitrag stellt die Inhalte des Gesetzespakets und dessen Auswirkungen genauer dar.

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EU-Paket zur Digitalisierung des Finanzsektors

Bereits seit einiger Zeit erfasst die Finanzmarktregulierung Kryptowerte, die sich wie Wertpapiere verhalten - sog. Securities Token. Für sie gilt - wie auch für klassisch verbriefte Wertpapiere - die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID). Der gewerbliche Handel oder die Beratung in solchen Werten ist in den meisten Fällen erlaubnispflichtig.

Im Übrigen fehlte es lange einer EU-weit einheitlichen Regulierung von Kryptowerten. Dies ändert sich nun. Sukzessive erlangen Vorgaben für Kryptowerte, die bislang nicht von der EU-Finanzmarktregulierung erfasst werden (z.B. Utility Token, Stable Coins, E-Geld-Token), sowie Anforderungen an die Anbieter solcher Krypto-Dienstleistungen und von Marktinfrastrukturen Geltung. Der Rechtsrahmen findet seine Grundlage v.a. in drei Verordnungen:

Utility Token, Stable Coins, E-Geld-Token

Die MiCAR regelt die Ausgabe, das Angebot und den Handel von Kryptowerten, die keine Finanzinstrumente sind, die Erbringung von Kryptowerte-Dienstleistungen, den Schutz der Inhaber von Kryptowerten und den Marktmissbrauch. Sie gilt grundsätzlich ab dem 30. Dezember 2024, partiell schon früher.

Unter einem Kryptowert versteht man die digitale Darstellung eines Werts oder eines Rechts, das unter Verwendung der Distributed-Ledger-Technologie oder einer ähnlichen Technologie elektronisch übertragen und gespeichert werden kann. Als Ausprägungen des Kryptowertes unterscheidet die MiCAR wertreferenzierte Token (Stable Coins), E-Geld Token und andere Kryptowerte, insbesondere Utility Token.

Utility Token

Utility Token sind Kryptowerte, die ausschließlich dazu bestimmt sind, Zugang zu einer Ware oder Dienstleistung zu verschaffen, die von seinem Emittenten bereitgestellt wird. Sie werden nur vom Emittenten akzeptiert.

Utility Token sind keine Vermögensanlage und kein Finanzinstrument und können typischerweise nicht für Investmentzwecke zur Geldanlage verwendet werden.

Emittenten von Utility-Token unterliegen primär einem dem Prospektrecht entlehnten Regime zur Veröffentlichung eines Kryptowerte-Whitepapers sowie Vorgaben an die Zulassung des Tokens zum Handel. Ausnahmen gelten u.a. für Utility Token auf bereits bestehende Waren oder erbrachte Dienstleistungen.

Stable Coins 
(wertreferenzierte Token)

Stable Coins sind Kryptowerte, deren Wertstabilität durch Bezugnahme auf einen anderen Wert oder ein anderes Recht oder eine Kombination davon, einschließlich einer oder mehrerer amtlicher Währungen, gewahrt werden soll (ohne E-Geld-Token zu sein).

Ziel dieser Token ist es, als Zahlungsmittel oder Wertaufbewahrungsmittel eingesetzt zu werden. Wertreferenzierte Token stehen in Konkurrenz zu den klassischen Währungen. Inhaber der Token steht gegen den Emittenten ein Recht auf Rücktausch zu.

Die Emittenten von Stable Coins unterliegen künftig einem Zulassungsvorbehalt mit Folgepflichten. Ausnahmen bestehen u.a. für Kreditinstitute und für kleine Emissionen. Darüber hinaus ist die Veröffentlichung eines Kryptowerte-Whitepapers erforderlich. Zusätzliche Pflichten greifen für Emittenten signifikanter Token und gesetzliche Emissionsbeschränkungen, sobald sich ein Stable Coin zu einem gemeinhin als Tauschmittel einsetzbaren Instrument entwickelt hat.

E-Geld-Token

E-Geld-Token sind Kryptowerte, deren Wertstabilität unter Bezugnahme auf den Wert einer amtlichen Währung gewahrt werden soll. Sie dienen damit in erster Linie als Zahlungsmittel und sind zwecks Wertstabilisierung an eine amtliche Währung geknüpft.

E-Geld-Token ähneln in ihrer Funktion E-Geld und sind ebenso elektronisches Surrogat für Münzen und Banknoten. Anders als Stable Coins sind sie streng an nur ein gesetzliches Zahlungsmittel gekoppelt. Auf Verlangen des Token-Inhabers ist der Emittent verpflichtet, den monetären Wert der E-Geld-Token jederzeit und zum Nennwert an die Inhaber von E-Geld-Token zurückzuzahlen.

Emittenten von E‑Geld‑Token sind ausschließlich Kreditinstitute und E-Geld-Institute. Die Veröffentlichung eines Kryptowerte-Whitepapers ist erforderlich. Zusätzliche Pflichten bestehen für signifikante Token.

Insight

Klassische Kryptowährungen, wie zum Beispiel Bitcoin oder Ether, hängen im Wert nicht von gesetzlichen Zahlungsmitteln, Waren oder Kryptowerten ab. Anders als bei E-Geld-Token steht den Inhabern von Bitcoin oder Ether auch kein Anspruch auf Rücktausch gegenüber einem Emittenten zu. Bitcoin und Ether sind daher zwar Kryptowerte, jedoch keine E-Geld-Token, Stable Coins oder Utility Token.

Krypto-Dienstleistungen

Die MiCAR regelt auch die Erbringung von Dienstleistungen in Kryptowerten – sogenannte Krypto-Dienstleistungen. Krypto-Dienstleistungen zerfallen in die folgenden Fallgruppen:

  • Verwahrung und Verwaltung von Kryptowerten für Kunden;
  • Betrieb einer Handelsplattform für Kryptowerte;
  • Tausch von Kryptowerten gegen einen Geldbetrag;
  • Tausch von Kryptowerten gegen andere Kryptowerte;
  • Ausführung von Aufträgen über Kryptowerte für Kunden;
  • Platzierung von Kryptowerten;
  • Annahme und Übermittlung von Aufträgen über Kryptowerte für Kunden;
  • Beratung zu Kryptowerten;
  • Portfolioverwaltung von Kryptowerten;
  • Erbringung von Transferdienstleistungen für Kryptowerte für Kunden.

Wer Krypto-Dienstleistungen geschäftsmäßig erbringt, bedarf künftig als „Anbieter von Krypto-Dienstleistungen“ einer Zulassung. Zugelassene Krypto-Dienstleister sind z.B. verpflichtet, Vorgaben zur sicheren Aufbewahrung von Kundenvermögenswerten, zur Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens, zu Interessenkonflikten und an die Auslagerung umzusetzen und einzuhalten. Die Höhe der regulatorisch erforderlichen Eigenmittel richtet sich nach der Art der erbrachten Krypto-Dienstleistung. Besonderes Augenmerk gilt der IT-Sicherheit und IT-Stabilität, inklusive der Notfallplanung.

Verhinderung von Marktmissbrauch

Für Kryptowerte wird ein neues Marktmissbrauchsregime geschaffen, bestehend aus Regeln zum Insiderrecht und zum Verbot der Marktmanipulation. Die neuen Vorgaben ergänzen die bereits seit mehreren Jahren geltende Marktmissbrauchsverordnung (Market Abuse Regulation - MAR) in Bezug auf Kryptowerte, die keine Finanzinstrumente sind.

Pilotregime für DLT-Marktinfrastruktur

Die Verordnung (EU) 2022/858 vom 22. Mai 2022 führt in der EU ein Pilotregime für die Zulassung und den Betrieb von DLT-Marktinfrastrukturen ein, das im Wesentlichen seit dem 23. März 2023 Anwendung finden wird.

Zielgruppe sind Wertpapierfirmen, Börsenträger und Zentralverwahrer (Central Securities Depository – CSD), die DLT zum Einsatz bringen wollen. Der Anwendungsbereich des Pilotregimes ist stark beschränkt. Marktinfrastrukturen, die von dem Regime Gebrauch machen, bedürfen einer gesonderten Erlaubnis, die zunächst nur befristet für max. 6 Jahre erteilt werden darf. Während dieser Zeit können spezielle Befreiungen von den sonst für Handelsplätze und Wertpapierabwicklungssysteme geltenden Vorschriften erteilt werden. So sieht das Pilotregime u.a. die Möglichkeit vor, Ausnahmen von Transaktionsmeldungen und von der Einbuchung in den Effektengiro zu gewähren. Dadurch wird der Handel mit DLT Finanzinstrumenten erleichtert. Für die Zulassung von DLT-Finanzinstrumenten gelten folgende Schwellenwerte:

  • Aktien: EUR 500 Mio. (Marktkapitalisierung des Emittenten),
  • Unternehmensanleihen: EUR 1 Mrd. (Emissionsvolumen),
  • OGAW: EUR 500 Mio. (Marktwert).

Der Gesamtmarktwert aller DLT-Finanzinstrumente, die zum Handel auf einer DLT-Marktinfrastruktur zugelassen sind oder in einer DLT-Marktinfrastruktur verbucht werden, sollte 9 Mrd. EUR nicht überschreiten. Wird dieser Schwellenwert überschritten, ist grundsätzlich der Übergang aus dem Pilotregime heraus einzuleiten (Übergangsstrategie).

Resilienz digitaler Systeme und der Infrastruktur

Die EU-Vorgaben an die digitale operationale Resilienz im Finanzsektor, an ein hohes gemeinsames Cybersicherheitsniveau und an die Resilienz kritischer Einrichtungen adressieren u.a. die Betriebsstabilität digitaler Systeme, Mindestanforderungen an das Risikomanagement, Meldungen schwerwiegender Vorfälle, Auslagerungen sowie Prüfungen und den Austausch von Informationen in Bezug auf Cyberbedrohungen und Schwachstellen. Sie haben besondere Bedeutung für die Kryptowelt und damit verbundene Risiken.

DORA, NIS 2, CER im Überblick.

Securities Token

Securities Token werden von der Finanzmarktregulierung, insbesondere der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID), erfasst. Mit der Verordnung (EU) 2022/858 wurde der Vorrang der Finanzmarktregulierung gegenüber der Verordnung über Märkte für Kryptowerte nochmals klargestellt. Der Begriff des Finanzinstruments ist technologieneutral zu verstehen, insbesondere bedarf es keiner klassischen Verbriefung von Forderungen in einer Urkunde, um als Wertpapier eingestuft zu werden.

Rechtslage in Deutschland

Einige EU-Mitgliedstaaten haben parallel zum EU-Recht ihr nationales Recht in Bezug auf die Blockchain-Technologie weiterentwickelt. So trat mit Wirkung zum 10. Juni 2021 in Deutschland z.B. das Gesetz zur Einführung elektronischer Wertpapiere (eWpG) in Kraft. Seitdem besteht die Möglichkeit, auf den Inhaber lautende Schuldverschreibungen und bestimmte Anteile an Sondervermögen auch rein elektronisch als Wertpapier und nicht nur als Wertrecht zu begeben. Elektronische Wertpapiere können auch als Kryptowertpapiere emittiert werden. Sie sind dann in einem speziellen Kryptowertpapierregister durch ein vom Emittenten benanntes Unternehmen zu führen.

  • Kryptowährungen, wie Bitcoin oder Ether, werden in Deutschland als Rechnungseinheiten eingestuft. Die gewerbliche Erbringung von Bank- und Finanzdienstleistungen in solchen Werten – inklusive des Betriebs von Handelsplattformen – ist damit erlaubnispflichtig. Dies gilt auch für die zielgerichtete, grenzüberschreitende Erbringung solcher Dienstleistungen aus dem Ausland nach Deutschland hinein.
  • Securities Token werden bereits auf EU-Ebene (MiFID) als Finanzinstrumente eingestuft, sofern sie sich wirtschaftlich wie Finanzinstrumente (insbesondere Wertpapiere) verhalten. Die gewerbliche Erbringung von Wertpapierdienstleitungen in diesem Bereich ist daher erlaubnispflichtig. Dies gilt in Deutschland – anders als in anderen EU-Mitgliedstaaten – bereits für die reine Verwahrung und Verwaltung solcher Instrumente (Depotgeschäft).
  • Wallet-Betreiber, die Kryptowerte – d.h. zugehörige kryptografische Schlüssel – verwahren und verwalten, betreiben das Kryptoverwahrgeschäft und sind insoweit erlaubnispflichtig. Diese Erlaubnis tritt jedoch ggf. hinter einer Erlaubnis für das Depotgeschäft zurück.
  • Kryptowertpapiere sind nach Maßgabe des eWpG in einem Kryptowertpapierregister zu führen. Der Betrieb dieses Registers ist erlaubnispflichtig für den Betreiber.

 Analyse

Hinweis: Dieser Beitrag stellt keine Rechtsberatung dar und kann diese nicht ersetzen.